2016
Kaum ein römischer Kaiser vermochte es so zu polarisieren wie Nero. Da ist es nicht verwunderlich, dass über die Jahrhunderte ein schillerndes Bild seiner Person entstanden ist, das bis heute – insbesondere in seinen negativen Ausprägungen – tief im kollektiven Gedächtnis verankert ist. Allerlei Erzählungen, Mythen und Legenden, die um Nero gesponnen wurden, bieten genug Raum für die unterschiedlichsten Spekulationen und Bewertungen seiner Person und Herrschaft. Aus diesem Grund wurde Nero in diesem Jahr eine Sonderausstellung mit dem Titel „Nero – Kaiser, Künstler und Tyrann“ gewidmet. Diese bot uns Anlass als Studierende des Faches Geschichte einmal genauer den Mythos Nero zu untersuchen und mit einer Exkursionsfahrt nach Trier das Semester abzurunden.
Am Donnerstag, dem 16. Juni, ging es bereits früh um 7 Uhr vom Erlanger Bahnhof los. In Trier angekommen, ging es zunächst auf den Markusberg, von wo aus Herr Kremer zunächst sowohl einen topgraphischen als auch einen historischen Überblick über Trier bzw. das antike Augusta Treverorum gab. Das moderne Trier vor Augen und einen archäologischen Lageplan in der Hand erschloss sich uns ein anschauliches Bild vom antiken Trier und seiner historischen Bedeutung. Im Anschluss daran führte uns der Weg von Westen in die Stadt, genauer gesagt zur Moselbrücke, deren Stützpfeiler, in römischer Zeit errichtet, bis heute den Verkehr nach Trier tragen, und die in ihrer mehrphasigen Baugeschichte ein eindrucksvolles Beispiel römischer Baukunst darstellt. In unmittelbarer Nachbarschaft dazu zeugen die Überreste der Barbarathermen aus dem 2. Jh. von den hygienischen Standards auch im provinzialen Alltag fern von Rom.
Freitag früh starteten wir mit dem ersten Teil der Ausstellung zu Nero, die mit dem Untertitel „Kaiser, Künstler und Tyrann“ im Rheinländischen Landesmuseum Trier untergebracht ist. Ein fachkundiger Führer begleitete uns durch die Räume der Ausstellung, erklärte uns das Ausstellungskonzept und stellte uns die wichtigsten Exponate vor. Neros Leben und Herrschaft werden chronologisch dargestellt und thematisch mit mehr als 400 Exponaten unterfüttert, die, teilweise aus Museen in Rom, Neapel und Paris stammend, nicht nur durch ihre Einzigartigkeit beeindrucken, sondern im Rahmen der Ausstellung sehr geschickt in Szene gesetzt werden. Nach der Führung hatten wir noch genug Zeit, um ein zweites Mal durch die Ausstellung zu gehen, um selbstständig oder in Lerngruppen das Nero-Bild, das wir über das Semester in einer begleitenden Übung entwickelt hatten, zu hinterfragen und einzelne ausgewählte Ausstellungsstücke noch einmal ausführlicher zu betrachten. Der letzte Raum der Ausstellung, der sich mit den Folgen von Neros Tod befasste, bildet mit dem Aufstand der Bataver und Treverer gewissermaßen den historischen wie räumlichen Konnex zur Dauerausstellung des Rheinischen Landesmuseums, die wir nach der Mittagspause besuchten.
Highlights der Ausstellung waren diverse Mosaike, die berühmten Trierer Grabdenkmäler und der Trierer Münzgoldschatz, den Herr Schmutterer näher vorstellte. Letzter Programmpunkt an diesem Tag war die Palastaula, die, unter Kaiser Konstantin erbaut, eine bewegte (und bewegende) Geschichte hinter sich hat und heute als evangelische Kirche ein Wahrzeichen der Stadt Trier ist.
Nach einem Abstecher zu den nie in Betrieb genommen Kaiserthermen, deren Überreste von der Monumentalisierung Triers in dessen Zeit als Kaiserresidenz zeugen, widmeten wir uns am Samstagvormittag dem zweiten Teil der Ausstellung mit dem spannenden Thema „Nero und die Christen“. Unter diesem Motto behandelt das Museum am Dom nicht nur Neros Beziehung zu den „Christen“, sondern beleuchtet, beginnend mit einem Vorspann zur religio Romana, die gesamte Entwicklung von den Anfängen des Christentums bis zur Etablierung des neuen Glaubens als Staatsreligion. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf den christlichen Martyrien. Die Führung in diesem Teil der Ausstellung erfolgte unter Leitung einer Museumskuratorin. Abgerundet wurde der Museumsbesuch mit dem Vortrag über das berühmte Konstantinische Deckengemälde aus dem Palastbereich vor der Basilika durch Frau Luk.
Nachmittags besichtigten wir das Amphitheater, wo wir im Anschluss an die Führung von Herrn Kremer und inspiriert durch das Training der Gladiatorenschule Triers die Bedeutung der Gladiatur für die römische Gesellschaft diskutierten. Weniger kontrovers, aber genauso spannend, befassten wir uns am Samstagabend noch mit der Geschichte und der Bedeutung der Porta Nigra. Ihre Umfunktionierung zur Kirche und schließlich zum wieder „begehbaren“ Antikenmonument zeugt auch von der wechselhaften Geschichte Triers bis in das 19. Jahrhundert hinein. Den letzten Abend der Exkursion ließen wir gemeinsam bei bester italienischer Küche ausklingen.
Den Abschluss der Exkursion bildete am Sonntag Teil drei der Ausstellung im Stadtmuseum Simeonstift unter dem Motto „Lust und Verbrechen. Der Mythos Nero in der Kunst“. Künstler beinahe jeder Epoche ließen sich vom Mythos Nero inspirieren und trugen damit maßgeblich zum negativen Nero-Bild bei. Gemälde, Fotografien, Filme etc. veranschaulichen die Rezeptionsgeschichte vom Mittelalter bis in die Moderne. Mit diesen Eindrücken verließen wir am frühen Nachmittag Trier und traten den Heimweg nach Erlangen an.
Die Exkursion ermöglichte uns, die zuvor in einer quellenkritischen Übung erarbeiteten Ergebnisse mit archäologischen und rezeptionsgeschichtlichen Zeugnissen in Verbindung zu setzen und dadurch ein ganzheitliches Bild vom Prinzipat und der Persönlichkeit Neros zu gewinnen. Darüber hinaus bot uns aber das antike Trier auch Einblicke in die römische Provinzialgeschichte.
Die Studierenden möchten sich auf diesem Wege herzlich bei der Exkursionsleitung, Frau Prof. Dr. Edelmann-Singer und Herrn Dr. Kremer bedanken. Unser besonderer Dank gilt den Sponsoren: der Alfred Vinzl – Stiftung sowie dem Verein der Freunde und Förderer der Geschichtswissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg. Sie haben durch namhafte finanzielle Förderung die Exkursion ermöglicht.
Im Namen aller an der Exkursion beteiligten Studierenden
David Koppert