Das "neue Rom" am Bosporus (Istanbul)

Das "neue Rom" am Bosporus (Istanbul)

2014

Konstantinopel: das „neue Rom“ am Bosporus

von Guido M. Berndt

 

Istanbul: Die Stadt am Bosporus war seit ihrer Neugründung als Konstantinopel durch Kaiser Konstantin und dem Ausbau durch seine Nachfolger im 4. Jahrhundert eine florierende Metropole am Übergang vom Marmarameer zum Schwarzen Meer. Als Hauptstadt des oströmischen, später byzantinischen und osmanischen Reiches durchlief sie eine wechselvolle Geschichte, deren Spuren sich noch heute in der europäisch-asiatischen Megacity Istanbul finden lassen. Unter Leitung von Prof. Dr. Hans-Ulrich Wiemer und Dr. Guido M. Berndt fand vom 3. bis 10. Oktober 2014 eine weitere Exkursion des Lehrstuhls für Alte Geschichte der FAU Erlangen-Nürnberg mit einer Gruppe von insgesamt 19 Personen (vier Dozenten und 15 Studenten) statt – erneut großzügig durch die Freunde und Förderer der Geschichtswissenschaft an der Friedrich-Alexander-Universität e.V. unterstützt.

Thematischer Schwerpunkt der Reise war die in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts neu gegründete Stadt. Weil aus der Frühzeit der kaiserlichen Residenz nur spärliche Überreste erhalten geblieben sind, erstreckte sich das Exkursionsprogramm auch auf byzantinische Denkmäler und einige der sehenswerten Moscheen. Ein intensives Blockseminar zur Vorbereitung war der Exkursion vorausgegangen.

Eine kleine Pension wenige Gehminuten vom einstigen Hippodrom entfernt war der ideale Standort für das Besichtigungsprogramm. Jeder Teilnehmer hatte ein Referat zu einem Programmpunkt vorzubereiten. Der Hippodrom (heute Sultan Ahmed-Platz), Ort von Pferderennen aber auch soziales Zentrum der Stadt, an dem sich die Kaiser immer wieder in direkte Kommunikation mit der Bevölkerung begaben, war unser erster Anlaufpunkt.

Auf dem Hippodrom

Zwei Obelisken und die aus Delphi stammende Schlangensäule befinden sich noch an ihren originalen Aufstellungsorten. Die Basisreliefs eines der Obelisken zeigen die kaiserliche Familie des späten 4. Jahrhunderts.

Am Vormittag des zweiten Tages stand die Hagia Sophia, einst die größte Kirche der Christenheit und in ihrer heutigen Form auf Kaiser Justinian I. zurückzuführen (6. Jahrhundert), auf dem Programm. Für beinahe jeden Istanbulreisenden ist der Besuch dieses Museums Pflicht, so dass sich schon am frühen Morgen lange Schlangen am Eingang bilden. Dementsprechend herrscht ein gewaltiger Trubel, der es nicht ganz leicht macht, mit einer Gruppe einen gemeinsamen Rundgang durchzuführen. Dennoch konnten wir uns einen ausführlichen Überblick über den Gesamtkomplex verschaffen.

Nur ein paar Schritte weiter befindet sich die Yerbatan-Zisterne, die ebenfalls scharenweise Touristen anzieht und „gepfefferte“ Eintrittspreise verlangt. Gleichwohl lohnt sich die Besichtigung, da hier einige Grundzüge der Wasserversorgung Konstantinopels deutlich gemacht werden können.

Von den Kaiserpalästen haben sich nur wenig archäologische Reste erhalten, immerhin bietet das Mosaikenmuseum die Gelegenheit, einige Fußböden zu betrachten. Das Bauprogramm spätantiker Kaiser umfasste auch das Anlegen von zentralen Plätzen (fora), häufig durch Säulenmonumente markiert. Noch aufrecht stehen die Säulen Kaiser Konstantins und des Marcian (5. Jahrhundert).

An vielen Stellen des modernen Istanbul traten im Zuge von Bauarbeiten archäologische Funde und Befunde zu Tage, die im Archäologischen Museum studiert werden können. Dafür nahmen wir uns einen halben Tag Zeit, um dann im nahe gelegenen Gülhane-Park die sog. Gotensäule anzusehen, das dritte Säulenmonument, das noch in situ steht. Hier wird in einer Inschrift ein römischer Gotensieg gepriesen, über deren Interpretation die Gruppe ausführlich diskutierte.

Sicherlich zu den Highlights der Exkursion zählte ein Treffen mit Dr. Ufuk Kocabas und seinen Mitarbeitern, die uns einen Einblick in ihre Arbeit zu den Grabungen am theodosianischen Hafen gewährten. In einem eigens eingerichteten Labor werden die vor wenigen Jahren im Hafenbecken entdeckten 37 Schiffswracks (spätantik bis mittelbyzantinisch) restauriert. Ein Vortrag zur Geschichte des Hafens und seiner archäologischen Erforschung sowie die Erläuterung der unterschiedlichen Konservierungsmethoden waren für uns vorbereitet worden.

Das "neue Rom" am Bosporus (Istanbul)
Das "neue Rom" am Bosporus (Istanbul)
Das "neue Rom" am Bosporus (Istanbul)